Womöglich wäre dieser Beitrag kein eigenes Thema wert und auch im Film- und Serienthread gut aufgehoben, aber er hat so viele Aspekte, die hier ins Forum passen, also widme ich ihm ein eigenes Thema (die Rubrikeinordnung kann aber ruhig geändert werden).
Ich war vergangene Woche mit meinem Partner im Kino, umringt von kleinen Mädchen, um "Barbie" anzuschauen.
Die Kinder hatten wenig Freude am Film und konnten ihm zum Großteil absolut nicht folgen, die pinke Gestaltung und die bunten Kleider gefielen ihnen aber sehr und vielleicht reicht das ja auch aus, sie glücklich zu machen. Mir hätte das definitiv nicht ausgereicht. Das musste es aber auch nicht, denn in "Barbie" steckt so viel mehr drin als ich erwartet hätte.
"Barbie" ist ein Erwachsenenfilm. In der Laufzeit von 114 Minuten kommen so viele Themen intelligent und/oder witzig verpackt auf den Tisch, da könnten sich andere "Komödien" ruhig mehrere Scheiben von abschneiden.
Auf die Handlung gehe ich jetzt weniger ein, dann spoiler ich auch nicht so ganz
Stattdessen erzähle ich vom Subtext.
In diesem kleinen Filmchen wird unsere reale Welt mehrmals auf den Kopf gestellt; bestehende Geschlechtsdynamiken, Rollenbilder und Geschlechtsidentitäten hin und her verdreht und in Frage gestellt, Selbstfindungs-/Selbstakzeptanzprozesse dargestellt, Nähe und Distanz ist ein Thema - und immer wieder wird der Zuschauer durch so schnelle Umkehrungen der bestehenden Verhältnisse irritiert bis einem der Kopf drehen könnte. Mitdenken und Übertragen ist bei diesem Film auf jeden Fall zu empfehlen, sonst ist er, denke ich, wenig spektakulär.
Wenn man aber mitdenkt und entsprechend überträgt..ist er wirklich sehenswert.
Ich war öfter noch ganz begeistert an dem einen Punkt, da war der Film schon wieder ganz woanders.
Es gab Momente, in denen ich wahnsinnig wütend wurde, z.B. als so gut dargestellt wurde, wie die "Incel-Kariiere" für viele startet bzw. wo da bei vielen Männern die Ursachen liegen. Ich fühlte mich gesehen, als sehr prägnant das Machtgefälle zwischen Mann und Frau sowie die Sexualisierung der Frauen dargestellt wurde. Ich war traurig, als ich so stark überspitzt sah, wie sehr man zwischen den Geschlechtern unterscheidet und gewisse Verhaltens- und Umgangsweisen, aber auch Empfindungen nur einem Geschlecht zubilligt oder zuordnet, wobei auch sehr klar gezeigt wurde, dass keines der Geschlechter besser oder schlechte als das andere ist und die Geschlechterklischees endgültig archiviert gehören.
Ich las, dass viele Zuschauer:innen den Film als männerfeindlich empfanden. Das sehe ich ganz anders, im Gegenteil empfand ich eher einige Verhaltensweisen der Barbies als sehr verachtenswert und das wurde auch gut dargestellt, wie die Kens dadurch entmenschlicht wurden. Aber es wurden einfach viele Dinge verdreht und das musste man als Zuschauer dann eben auch für sich selbst auflösen. Wer das nicht tat, würde wohl viele Situationen als männer-/frauenfeindlich empfinden. Dafür wurde aber alles ja auch sehr überspitzt dargestellt...allein im Song "I'm just Ken" wird so viel erklärt. Das ist btw für meinen Freund und mich auch der Ohrwurm,den wir nicht mehr loswerden
Es gab sehr viel zu lachen, vor allem, weil ich Ryan Gosling bisher nur aus einem anderen Genre kannte und das seine Rolle umso absurder erschienen ließ.
Während des Films dachte ich immer wieder ans Parshipforum; ich erinnerte mich an misogyne Männer und Männer, die sich von der MeToo-Bewegung in ihrer Identität verunsichert und irritiert sahen. Ich sah Frauen, die ihre Weiblichkeit verteidigten, nur weil sie sich nicht den Schönheitsidealen und Datingregeln unterwarfen. Ich sah Menschen, die sich nur als wertvoll empfanden, wenn sie in einer Partnerschaft waren. Ich sah Menschen, die ihre Beziehungspartner:innen als Trophäe, Sexobjekt oder Versorgungsinstrument sahen und auf diese Weise entmenschlichten.
Für mich steht fest, dass ich mir den Film noch mehrfach anschauen werde, weil ich mir sicher bin, dort noch viele versteckte Details zu finden und man darin einfach so herrlich viele Ansätze und Themen zum Diskutieren findet.
Jetzt hab ich ganz viel geschrieben und ich bin gespannt, ob jemand von euch den Film gesehen und ebenso viele Themen darin entdeckt hat wie wir.
fafner schrieb im alten Forum (Thread "Wort des Tages", glaub ich): "I am Kenough"
Das sollte jeder von sich sagen können, das wünsch ich uns - und damit bin ich erstmal raus
Edit: Dass im Film nur männliche und weibliche Geschlechtsidentitäten dargestellt wurden, rief auch Kritik hervor. Ich finds aber okay, weil diese Themen (zwischen Mann und Frau) nun mal auch sehr wichtig sind und angesprochen gehören und Menschen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität können sicherlich auch einiges für sich übertragen, denke ich. Hätte man bestimmt noch miteinarbeiten können..aber gut, es ist auch so sehr viel abgedeckt.
Ich war vergangene Woche mit meinem Partner im Kino, umringt von kleinen Mädchen, um "Barbie" anzuschauen.
Die Kinder hatten wenig Freude am Film und konnten ihm zum Großteil absolut nicht folgen, die pinke Gestaltung und die bunten Kleider gefielen ihnen aber sehr und vielleicht reicht das ja auch aus, sie glücklich zu machen. Mir hätte das definitiv nicht ausgereicht. Das musste es aber auch nicht, denn in "Barbie" steckt so viel mehr drin als ich erwartet hätte.
"Barbie" ist ein Erwachsenenfilm. In der Laufzeit von 114 Minuten kommen so viele Themen intelligent und/oder witzig verpackt auf den Tisch, da könnten sich andere "Komödien" ruhig mehrere Scheiben von abschneiden.
Auf die Handlung gehe ich jetzt weniger ein, dann spoiler ich auch nicht so ganz
Stattdessen erzähle ich vom Subtext.
In diesem kleinen Filmchen wird unsere reale Welt mehrmals auf den Kopf gestellt; bestehende Geschlechtsdynamiken, Rollenbilder und Geschlechtsidentitäten hin und her verdreht und in Frage gestellt, Selbstfindungs-/Selbstakzeptanzprozesse dargestellt, Nähe und Distanz ist ein Thema - und immer wieder wird der Zuschauer durch so schnelle Umkehrungen der bestehenden Verhältnisse irritiert bis einem der Kopf drehen könnte. Mitdenken und Übertragen ist bei diesem Film auf jeden Fall zu empfehlen, sonst ist er, denke ich, wenig spektakulär.
Wenn man aber mitdenkt und entsprechend überträgt..ist er wirklich sehenswert.
Ich war öfter noch ganz begeistert an dem einen Punkt, da war der Film schon wieder ganz woanders.
Es gab Momente, in denen ich wahnsinnig wütend wurde, z.B. als so gut dargestellt wurde, wie die "Incel-Kariiere" für viele startet bzw. wo da bei vielen Männern die Ursachen liegen. Ich fühlte mich gesehen, als sehr prägnant das Machtgefälle zwischen Mann und Frau sowie die Sexualisierung der Frauen dargestellt wurde. Ich war traurig, als ich so stark überspitzt sah, wie sehr man zwischen den Geschlechtern unterscheidet und gewisse Verhaltens- und Umgangsweisen, aber auch Empfindungen nur einem Geschlecht zubilligt oder zuordnet, wobei auch sehr klar gezeigt wurde, dass keines der Geschlechter besser oder schlechte als das andere ist und die Geschlechterklischees endgültig archiviert gehören.
Ich las, dass viele Zuschauer:innen den Film als männerfeindlich empfanden. Das sehe ich ganz anders, im Gegenteil empfand ich eher einige Verhaltensweisen der Barbies als sehr verachtenswert und das wurde auch gut dargestellt, wie die Kens dadurch entmenschlicht wurden. Aber es wurden einfach viele Dinge verdreht und das musste man als Zuschauer dann eben auch für sich selbst auflösen. Wer das nicht tat, würde wohl viele Situationen als männer-/frauenfeindlich empfinden. Dafür wurde aber alles ja auch sehr überspitzt dargestellt...allein im Song "I'm just Ken" wird so viel erklärt. Das ist btw für meinen Freund und mich auch der Ohrwurm,den wir nicht mehr loswerden
Es gab sehr viel zu lachen, vor allem, weil ich Ryan Gosling bisher nur aus einem anderen Genre kannte und das seine Rolle umso absurder erschienen ließ.
Während des Films dachte ich immer wieder ans Parshipforum; ich erinnerte mich an misogyne Männer und Männer, die sich von der MeToo-Bewegung in ihrer Identität verunsichert und irritiert sahen. Ich sah Frauen, die ihre Weiblichkeit verteidigten, nur weil sie sich nicht den Schönheitsidealen und Datingregeln unterwarfen. Ich sah Menschen, die sich nur als wertvoll empfanden, wenn sie in einer Partnerschaft waren. Ich sah Menschen, die ihre Beziehungspartner:innen als Trophäe, Sexobjekt oder Versorgungsinstrument sahen und auf diese Weise entmenschlichten.
Für mich steht fest, dass ich mir den Film noch mehrfach anschauen werde, weil ich mir sicher bin, dort noch viele versteckte Details zu finden und man darin einfach so herrlich viele Ansätze und Themen zum Diskutieren findet.
Jetzt hab ich ganz viel geschrieben und ich bin gespannt, ob jemand von euch den Film gesehen und ebenso viele Themen darin entdeckt hat wie wir.
fafner schrieb im alten Forum (Thread "Wort des Tages", glaub ich): "I am Kenough"
Das sollte jeder von sich sagen können, das wünsch ich uns - und damit bin ich erstmal raus
Edit: Dass im Film nur männliche und weibliche Geschlechtsidentitäten dargestellt wurden, rief auch Kritik hervor. Ich finds aber okay, weil diese Themen (zwischen Mann und Frau) nun mal auch sehr wichtig sind und angesprochen gehören und Menschen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität können sicherlich auch einiges für sich übertragen, denke ich. Hätte man bestimmt noch miteinarbeiten können..aber gut, es ist auch so sehr viel abgedeckt.